Wie viel Platz braucht man zum Wohnen?

wgn
Basel,
17.09.25
#Wohnen #wgn #Genossenschaftsleben

In den 80er-Jahren wohnten wir in der Schweiz noch auf 34 Quadratmeter pro Person, inzwischen sind es 46.5 Quadratmeter. Warum wächst die genutzte Wohnfläche stetig und wie viel davon brauchen wir überhaupt? Zusammen mit Andreas Herbster, Geschäftsleiter von Wohnstadt und diplomierter ETH-Architekt, gehen wir diesen Fragen nach.

Der Wohlstand in der Schweiz ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Klar, dass sich die Menschen dadurch auch grössere Wohnungen leisten können. Inzwischen beansprucht eine Person in der Schweiz im Durchschnitt fast 40 Prozent mehr Wohnfläche als noch 1980. Europaweit baut niemand so grosse Wohnungen wie wir in der Schweiz. Sogar in Norwegen, einer reichen Volkswirtschaft, sind Kinderzimmer mit acht Quadratmetern an der Norm. Bei uns beginnen sie ab zehn. Die guten wirtschaftlichen Verhältnisse der Schweizerinnen und Schweizer sind also nur einer der Gründe.

Wer heutzutage eine neue Mietwohnung sucht, kennt das Problem: Die Mieten steigen und in den Städten ist es zunehmend schwieriger geworden, eine passende Wohnung zu finden. Wer aber schon länger dieselbe Wohnung mietet, profitiert von günstigeren Mieten. «Das führt dazu, dass niemand aus einer Vierzimmerwohnung ausziehen möchte, wenn sie oder er für eine Zweizimmerwohnung mehr zahlen müsste», erklärt Andreas Herbster. Als Geschäftsleiter der Bau- und Verwaltungsgenossenschaft Wohnstadt beschäftigt er sich täglich mit dem Wohnungsmarkt in der Schweiz und kennt die Mechanismen, die unser Wohnverhalten beeinflussen.

Genossenschaften denken Wohnen nachhaltiger

Ein Ausweg aus diesem Trend könnten Wohnungstauschmodelle sein. Man behält den Mietzins bei, tauscht aber die Wohnung. Oder aber man schafft Alternativen, die auf andere Art attraktiv sind. «Da kommen Genossenschaften ins Spiel – mit dem Plan, gewisse Infrastrukturen zu teilen.» Die Idee? Die Privatwohnungen sind relativ klein gehalten, dafür gibt es gemeinschaftlich genutzte Zimmer zum Spielen, Musizieren, Sport treiben und so weiter. 

Dabei stellt sich unausweichlich die Frage: Wie gross soll eine Wohnung denn sein, die gerade genügend Platz zum Leben bietet? Herbster beantwortet die Frage, ohne zu zögern: «Für zwei Erwachsene und zwei Kinder reicht eine anständige Vierzimmerwohnung mit 100 Quadratmetern.» Für einen Einzelhaushalt sei es eine Zweizimmerwohnung mit 40 Quadratmetern. Diese Wohnungen gäbe es in Basel zur Genüge, ein Grossteil davon sei in den 1980ern gebaut worden. «Damals waren diese Grössen Standard. Die Menschen können sich heutzutage schlicht mehr leisten als den Standard.»

Der Allrounder unter den Zimmern ist 14 qm gross

Deshalb spricht Herbster gerne von nutzungsneutralen Strukturen. Konkret sind das Zimmer, die austauschbar sind. «Ein 14-Quadratmeter-Zimmer kann fast alles: Wohnraum, Schlafzimmer, Arbeitszimmer oder Teenagerzimmer.» Am besten gibt es dann noch Zusatzangebote für jene, die sie brauchen. Die ehemalige Quartierbeiz im Erdgeschoss könnte als Gemeinschaftsraum oder Coworking-Zone dienen. Oder man kombiniert eine Zwei- und Dreizimmerwohnung zu einer Fünfzimmerwohnung. «Eine neue Fünfzimmerwohnung kann sich eine Familie kaum leisten», so Herbster.

Im Lysbüchel habe Wohnstadt ein Haus bestehend aus Zwei- und Dreizimmerwohnungen gebaut, die mit 45 und 60 Quadratmetern sehr knapp berechnet sind. Der Clou daran? Die Wohnungen sind mit einem zugemauerten Durchbruch verbunden. Dadurch können die Wohnungen entweder separat vermietet werden oder der Durchbruch wird geöffnet, damit eine Fünfzimmerwohnung entsteht. «So können sich die Häuser besser an die Bedürfnisse anpassen, die wir heute noch gar nicht kennen.» 

Das Fazit? Wer zukunftsorientiert bauen möchte, muss Wohnungen flexibel denken. Und einfallsreich bleiben.

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